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Feuerzeichen am Himmel

Als am Sonntag ein kleiner Rauchstreifen in den Berghängen über Muizenberg nach oben schwebte, da dachte sich wohl kaum jemand etwas dabei. Sieht man das doch in Kapstadt und Umgebung, und vor allem in dieser Jahreszeit, des Öfteren.

Die letzten Wochen waren geprägt durch eine schweißtreibende Hitze, am Dienstag wurde Kapstadt sogar als heißeste Stadt der Welt benannt, mit einer Temperatur die als Jahrhundertrekord für Anfang März gilt. Die Gräser, Büsche und Bäume sind völlig ausgetrocknet. Hinzu kommt, dass wir in den letzten Wochen von einem hartnäckigen, starken Wind begleitet wurden, der kaum nachlassen wollte. Gerade bei diesen Hitzerekorden ist eine schöne Brise eigentlich Balsam für die Haut und Seele, doch wenn wir uns hätten entscheiden können, gerne hätten wir auf diesem Balsam verzichtet, um das zu verhindern, was uns die kommenden Stunden begleiten sollte.

Schon in den letzten Tagen hatten wir immer mal wieder kleinere oder größere Feuer gesehen, gerade auch auf unserer Strecke entlang der False Bay zur Arbeit nach Khayelitsha. Diese Flammen konnten aber immer wieder schnell unter Kontrolle gebracht, eingedämmt und gelöscht werden.Was hier am Wochenende nun als kleiner Rauchschwaden begann, dass sollte sich nun in kürzester Zeit zu etwas entwickeln, was unbegreiflich und unfassbar ist. Etwas, was bisher keiner von uns je gesehen hatte und wünschenswerterweise auch nicht ein zweites Mal erblicken muss.

Der kleine glimmende Herd wuchs an und breitete sich aus. Es entwickelte sich eine immer größer werdende Flammenfront vor unseren Augen. Die ankommende Feuerwehr konnte in erster Linie gar nicht so viel machen, da sich die Flammen den Berg hinauf schlängelten und zügelten. Sie waren von den Straßen aus nicht zu erreichen. Es wurden Helikopter hinzugezogen und bald sah es so aus, als würden dem Feuer die Kontrolle aus der Hand genommen werden. Der Wind aber spielte sein ganz eigenes Spiel in dieser Runde. Es waren überall noch kleine, glimmende Herde und diese entfachten sich nun bei stärker werdendem Wind wieder zu neuem Leben. Plötzlich begannen sich die Flammen wieder ganz eigenständig zu machen, sie sagten sich los von den dagegen ankämpfenden Feuerwehrleuten und brachen nach oben den Berg hinauf wieder in wachsender Stärke und Intensität aus. Eine Geschichte, die sich über die nächsten Tage und Nächte hinziehen sollte. Hier wurden Feuerzeichen in den Himmel geschrieben.

Feuerwehr, Helikopter, die helfenden Hände der Menschen vereinten sich schnell zu einem Netzwerk aus Helden der Stunde. Unter Tage konnte man lange nur dichte Rauchschwaden sehen, in der Nacht aber leuchtete der Berg über uns rot-orange-gelb. Die Flammen eroberten immer mehr Fläche und stürzten sich mit einem rasanten Tempo über den Berg hinaus auf die andere Seite. In Muizenberg selbst schien es für einen Augenblick ruhig zu werden, die Gebiete auf  höherer Ebene und auf er anderen Seite hingegen, die traf es umso gewaltiger. Hier brach nun ein Kampf aus, der Kampf mit dem Feuerinferno. Der Rest der Welt schien zu schweigen, alle Augen waren auf die Berge gerichtet. Die Stadt richtete sich auf, die Menschen halfen, wo sie nur konnten. Jeder stellte sich auf seine Art der lichterloh brennenden Flammenkraft entgegen.

In vielen Häusern wurde gezielt für eine mögliche Notevakuierung gepackt, gebietsweise musste man sich auf das Schlimmste gefasst machen. In manchen betroffenen Gegenden wurde das schlimmste dann auch zur Realität. Häuser mussten verlassen werden, nur das Notwendigste wurde mitgenommen. Am Ende waren es mehrere Hundert Menschen, die ihr Zuhause für schwere Stunden zurück lassen mussten. Doch keiner war in dieser Stunde allein. Überall gab es eine Hand die sich der anderen reichte. Die Feuerengel mit ihren Wasserschläuchen vollbrachten Wunder, Häuser kamen, außer ein paar wenigen, nicht zu Schaden. Mancherorts steht ein Haus in mitten einem Feld verbrannter Erde. Die Szenerie wirkt wie von einer anderen Welt.

Zwischendrin  stahl sich eine kleine Träne in die Augenwinkel. Die vielen kleinen Berglebewesen, die sich dem Ganzen nicht schnell genug hatten entziehen können. Da zieht sich das Herz vor Schmerz zusammen, ein Stich durchfährt das Dasein.

Der Wind drehte sich immer wieder und erschwerte die Arbeit in unglaubliche Maße. Als wolle er ein Spiel spielen, dessen Regeln er nicht preisgeben möchte. Am Dienstagabend war es auch in Muizenberg wieder mit der Ruhe dahin. Man hörte das Knacken und Knistern der Bäume und des Unterholzes, wenn es unter den Flammen zusammenbrach. Und diese unheimlichen Geräusche kamen immer näher. Die Angst stand in den Gesichtern der Menschen geschrieben.  Nicht versteckt, nein ganz offen zu erkennen, kam eine neue Flammenfront, vom Wind getrieben, den Berghang hinab und brachte Schrecken mit sich. Es gibt eine Straße über den Häusern, am Berghang über Muizenberg - den Boyes Drive - welche zur Rettung werden sollte. Hier sah man das Blinken der Lichter der Feuerwehrautos unaufhörlich und überall. Die Sirenen sangen ihr Lied in die Nacht hinein. Die zu erreichenden Gräser und Bäume wurden bewässert und die Straße unter Wasser gesetzt. Die Nacht war zu einem schaurig erscheinenden Tag in der Unterwelt geworden, der ganze Berg leuchtete feuerrot. Nichts schien die Flammen aufhalten zu können, sie drangen mit einer unermüdlichen Stärke nach vorne. Und dann, sie begannen sich plötzlich wie zu verlieren, hatten nicht mehr die Kraft gegen die Nässe anzukämpfen. Die Straße und die Menschen hielten den Zweikampf – eine Gemeinschaft gegen das Feuer - tapfer aus. Langsam wurde es wieder Nacht. Doch konnte man wirklich ruhig ins Bett gehen? Draußen, da kämpften die Menschen weiter, die dritte Nacht in Folge. Es war noch nicht zu  Ende. Irgendwo sah man einen Funken wie über alle hinweg springen. Als hätte sich die Kraft des Feuers für einen Augenblick gebündelt und diesem Funken unter die Arme gegriffen, ihn in die Luft geworfen.

Am nächsten Morgen dann konnte man sehen, dass es noch lange nicht vorbei war. Der Funke hatte in der Nacht noch neuen Lebensmut sammeln können und näherte sich, für uns deutlich sichtbar, nun tatsächlich auch auf dieser Seite des Berges den Häusern. Doch die Feuerengel gaben diesen  Kampf nicht auf. Am Ende des Tages waren diese Häuser gerettet. Die Menschen konnten in ihnen verweilen und die Koffer und Taschen wieder auspacken.  An anderer Stelle mussten wir  leider hören, dass nicht solch ein Glück geherrscht hatte. Waren wir hier durch die Straße von der wütenden Feuerfront noch einigermaßen geschützt gewesen, so fehlte diese Grenze an anderer Stelle. Unzählige Menschen mussten ihre Häuser verlassen. Manche sollten bei ihrer Rückkehr nichts mehr vorfinden. Über 5000 Hektar Land war den Flammen bisher zum Opfer gefallen. Noch ist das flammende Rot nicht ganz erloschen. Neben all dem Drama entstand am Kap der Guten Hoffnung ein weiteres Feuer, ausgelöst durch einen Blitzeinschlag. Die Herde sind aber mittlerweile alle unter Kontrolle gebracht und werden beobachtet. Zusammen stellen wir uns dieser Kraft entgegen, in Körper- und Gedankenkraft vereinen wir uns und sind eine Gemeinschaft dagegen.

In dieser Aufgabe, in dieser entfesselten Stimmung  zeigen sich ganz neue Herausforderungen im Zusammenleben zwischen Mensch und Natur. In der Luft liegen Schmerz und Asche. Das Eine regnet herunter, das Andere verweilt. Das Ausmaß der Zerstörung ist sicherlich erst in den nächsten Tagen oder Wochen zu sehen. Das Herz zieht sich zusammen bei dem Gedanken daran. Dort, wo wir noch vor wenigen Wochen wunderschöne Spaziergänge gemacht hatten würde sich uns nun nur noch verbrannte Erde zeigen. Und doch, die Natur wird sich wieder erheben, sie wird altes aufgeben, um neues zu erschaffen. Der Kreislauf der Zeit zieht weiter in seinem Reigen.